Der unter anderem für Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat über die Frage entschieden, welche Anforderungen an die Einwilligung in telefonische Werbung und die Speicherung von Cookies auf dem Endgerät des Nutzers zu stellen sind.
Sachverhalt:
Der Kläger ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen. Die Beklagte veranstaltete im September 2013 unter ihrer Internetadresse ein Gewinnspiel. Nach Eingabe der Postleitzahl gelangte der Nutzer auf eine Seite, auf der Name und Anschrift des Nutzers einzutragen waren. Unter den Eingabefeldern für die Adresse befanden sich zwei mit Ankreuzfeldern versehene Einverständniserklärungen.
Mit Bestätigen des ersten Textes, dessen Ankreuzfeld nicht mit einem voreingestellten Häkchen versehen war, sollte das Einverständnis mit einer Werbung durch Sponsoren und Kooperationspartner der Beklagten per Post, Telefon, E-Mail oder SMS erklärt werden. Dabei bestand die Möglichkeit, die werbenden Sponsoren und Kooperationspartner aus einer verlinkten Liste von 57 Unternehmen selbst auszuwählen. Andernfalls sollte die Beklagte diese Auswahl treffen.
Das zweite Ankreuzfeld war mit einem voreingestellten Häkchen versehen und wies folgenden Text auf:
„Ich bin einverstanden, dass der Webanalysedienst Remintrex bei mir eingesetzt wird. Das hat zur Folge, dass der Gewinnspielveranstalter, die [Beklagte], nach Registrierung für das Gewinnspiel Cookies setzt, welches [der Beklagten] eine Auswertung meines Surf- und Nutzungsverhaltens auf Websites von Werbepartnern und damit interessengerichtete Werbung durch Remintrex ermöglicht. Die Cookies kann ich jederzeit wieder löschen. Lesen Sie Näheres hier.“
In der mit dem Wort „hier“ verlinkten Erläuterung wurde darauf hingewiesen, dass die Cookies eine bestimmte, zufallsgenerierte Nummer (ID) erhalten würden, die den Registrierungsdaten des Nutzers zugeordnet seien, der sich mit Namen und Adresse in das bereitgestellte Webformular eingetragen habe. Falls der Nutzer mit der gespeicherten ID die Webseite eines für Remintrex registrierten Werbepartners besuchen würde, sollte sowohl dieser Besuch erfasst werden als auch, für welches Produkt sich der Nutzer interessiert und ob es zu einem Vertragsschluss kommt.
Der voreingestellte Haken konnte entfernt werden. Eine Teilnahme am Gewinnspiel war aber nur möglich, wenn mindestens eines der beiden Felder mit einem Haken versehen war.
Soweit im Revisionsverfahren relevant, hat der Kläger verlangt, der Beklagten zu verbieten, entsprechende Einverständniserklärungen in Gewinnspielvereinbarungen mit Verbrauchern einzubeziehen oder sich darauf zu berufen. Der Kläger hat außerdem Ersatz der Abmahnkosten verlangt.
Bisheriger Prozessverlauf:
Das Landgericht hat die Beklagte hinsichtlich beider Einverständniserklärungen zur Unterlassung sowie zur Zahlung von Abmahnkosten verurteilt. Die Berufung der Beklagten hatte hinsichtlich des Antrags auf Unterlassung der Verwendung der mit einem voreingestellten Ankreuzfeld versehenen Einwilligungserklärung in die Nutzung von Cookies Erfolg. Beide Parteien haben die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision eingelegt.
Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren mit Beschluss vom 5. Oktober 2017 ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union verschiedene Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2002/58/EG (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation), der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutzrichtlinie) sowie der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung) hinsichtlich der Wirksamkeit einer Einwilligung in das Setzen von Cookies durch ein voreingestelltes Ankreuzkästchen vorgelegt. Diese Fragen hat der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 1. Oktober 2019 beantwortet.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Nunmehr hat der Bundesgerichtshof die Revision der Beklagten zurückgewiesen und auf die Revision des Klägers das Berufungsurteil hinsichtlich der Cookie-Einwilligung aufgehoben und die erstinstanzliche Verurteilung der Beklagten wiederhergestellt.
Hinsichtlich der Einwilligung in telefonische Werbung ist die Beklagte gemäß §§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG in Verbindung mit § 307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB und § 7 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1 UWG zur Unterlassung und zum Ersatz von Abmahnkosten verpflichtet, weil es sowohl nach der im Zeitpunkt der beanstandeten Handlung geltenden Rechtslage als auch nach der Rechtslage im Entscheidungszeitpunkt an einer wirksamen Einwilligung in telefonische Werbung fehlt. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG dient der Umsetzung des Art. 13 Abs. 3 und 5 Satz 1 der Richtlinie 2002/58/EG, deren Art. 2 Satz 2 Buchst. f für die Definition der Einwilligung auf Art. 2 Buchst. h der Richtlinie 95/46/EG verweist, so dass der Begriff der „Einwilligung“ richtlinienkonform zu bestimmen ist. Für die Zeit ab dem 25. Mai 2018 ist auf die in Art. 4 Nr. 11 der Verordnung (EU) 2016/679 vorgesehene Definition abzustellen, weil seither gemäß Art. 94 Abs. 1 und 2 Satz 1 dieser Verordnung Verweise auf die aufgehobene Richtlinie 95/46/EG als Verweise auf diese Verordnung gelten.
Eine Einwilligung wird „in Kenntnis der Sachlage“ im Sinne des Art. 2 Buchst. h der Richtlinie 95/46/EG erteilt, wenn der Verbraucher weiß, dass seine Erklärung ein Einverständnis darstellt und worauf sie sich bezieht. Die Einwilligung erfolgt im Sinne dieser Vorschrift „für den konkreten Fall“, wenn klar wird, die Produkte oder Dienstleistungen welcher Unternehmen sie konkret erfasst. Daran fehlt es im Streitfall, weil die beanstandete Gestaltung der Einwilligungserklärung darauf angelegt ist, den Verbraucher mit einem aufwendigen Verfahren der Auswahl von in der Liste aufgeführten Partnerunternehmen zu konfrontieren, um ihn zu veranlassen, von dieser Auswahl abzusehen und stattdessen der Beklagten die Wahl der Werbepartner zu überlassen. Weiß der Verbraucher mangels Kenntnisnahme vom Inhalt der Liste und ohne Ausübung des Wahlrechts nicht, die Produkte oder Dienstleistungen welcher Unternehmer die Einwilligung erfasst, liegt keine Einwilligung für den konkreten Fall vor. Aus diesen Gründen fehlt es auch an einer Einwilligung „für den bestimmten Fall“ im Sinne des Art. 4 Nr. 11 der Verordnung (EU) 2016/679, die insoweit keine Rechtsänderung herbeigeführt hat.
Hinsichtlich der Einwilligung in die Speicherung von Cookies steht dem Kläger gleichfalls ein Unterlassungsanspruch gemäß § 1 UKlaG in Verbindung mit § 307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB zu. Die von der Beklagten in Form einer Allgemeinen Geschäftsbedingung vorgesehene Einwilligung des Nutzers, die den Abruf von auf seinem Endgerät gespeicherten Informationen mithilfe von Cookies im Wege eines voreingestellten Ankreuzkästchens gestattet, stellt sowohl nach dem im Zeitpunkt der beanstandeten Handlung geltenden Recht als auch nach dem im Entscheidungszeitpunkt geltenden Recht eine unangemessene Benachteiligung des Nutzers dar.
Die Einholung der Einwilligung mittels eines voreingestellten Ankreuzkästchens war nach der bis zum 24. Mai 2018 geltenden Rechtslage – also vor Geltung der Verordnung (EU) 2016/679 – im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB mit wesentlichen Grundgedanken des § 15 Abs. 3 Satz 1 TMG unvereinbar. Der beanstandete Einsatz von Cookies durch die Beklagte als Diensteanbieter dient, wie von § 15 Abs. 3 Satz 1 TMG vorausgesetzt, der Erstellung von Nutzerprofilen zum Zwecke der Werbung, indem das Verhalten des Nutzers im Internet erfasst und zur Zusendung darauf abgestimmter Werbung verwendet werden soll. Bei der im Streitfall in den Cookies gespeicherten zufallsgenerierten Nummer (ID), die den Registrierungsdaten des Nutzers zugeordnet ist, handelt es sich um ein Pseudonym im Sinne dieser Vorschrift. § 15 Abs. 3 Satz 1 TMG ist mit Blick auf Art. 5 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2002/58/EG in der durch Art. 2 Nr. 5 der Richtlinie 2009/136/EG geänderten Fassung dahin richtlinienkonform auszulegen, dass für den Einsatz von Cookies zur Erstellung von Nutzerprofilen für Zwecke der Werbung oder Marktforschung die Einwilligung des Nutzers erforderlich ist. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat auf Vorlage durch den Senat entschieden, dass Art. 2 Buchst. f und Art. 5 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2002/58/EG in Verbindung mit Art. 2 Buchst. h der Richtlinie 95/46/EG dahin auszulegen sind, dass keine wirksame Einwilligung im Sinne dieser Bestimmungen vorliegt, wenn die Speicherung von Informationen oder der Zugriff auf Informationen, die bereits im Endgerät des Nutzers einer Website gespeichert sind, mittels Cookies durch ein voreingestelltes Ankreuzkästchen erlaubt wird, das der Nutzer zur Verweigerung seiner Einwilligung abwählen muss. Auf die Frage, ob es sich bei den Informationen um personenbezogene Daten handelt, kommt es nach der Entscheidung des Gerichtshofs in diesem Zusammenhang nicht an. Der richtlinienkonformen Auslegung des § 15 Abs. 3 Satz 1 TMG steht nicht entgegen, dass der deutsche Gesetzgeber bisher keinen Umsetzungsakt vorgenommen hat. Denn es ist anzunehmen, dass der Gesetzgeber die bestehende Rechtslage in Deutschland für richtlinienkonform erachtete. Mit dem Wortlaut des § 15 Abs. 3 Satz 1 TMG ist eine entsprechende richtlinienkonforme Auslegung noch vereinbar. Im Fehlen einer (wirksamen) Einwilligung kann im Blick darauf, dass der Gesetzgeber mit § 15 Abs. 3 Satz 1 TMG das unionsrechtliche Einwilligungserfordernis umgesetzt sah, der nach dieser Vorschrift der Zulässigkeit der Erstellung von Nutzungsprofilen entgegenstehende Widerspruch gesehen werden.
An dieser Rechtslage hat sich seit dem 25. Mai 2018, dem ersten Geltungstag der Verordnung (EU) 2016/679, nichts geändert, weil diese Verordnung nach ihrem Art. 95 die Fortgeltung des § 15 Abs. 3 Satz 1 TMG als den Art. 5 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2002/58/EG umsetzende nationale Regelung unberührt lässt. Soweit für die Definition der Einwilligung nicht mehr auf Art. 2 Buchst. h der aufgehobenen Richtlinie 95/46/EG abgestellt werden kann, sondern Art. 4 Nr. 11 der Verordnung (EU) 2016/679 heranzuziehen ist, führt dies zum selben Ergebnis. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat auf Vorlage durch den Senat auch mit Blick auf Art. 4 Nr. 11 der Verordnung (EU) 2016/679 entschieden, dass ein vom Nutzer abzuwählendes, voreingestelltes Ankreuzkästchen keine wirksame Einwilligung darstellt.
Vorinstanzen:
LG Frankfurt am Main – Urteil vom 10. Dezember 2014 – 2/6 O 30/14
OLG Frankfurt am Main – Urteil vom 17. Dezember 2015 – 6 U 30/15
BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2017 – I ZR 7/16, Cookie-Einwilligung I
EuGH, Urteil vom 1. Oktober 2019, C-673/17, PLANET49
Die maßgeblichen Vorschriften lauten:
§ 1 UKlaG:
Wer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bestimmungen, die nach den §§ 307 bis 309 des Bürgerlichen Gesetzbuchs unwirksam sind, verwendet oder für den rechtsgeschäftlichen Verkehr empfiehlt, kann auf Unterlassung und im Fall des Empfehlens auch auf Widerruf in Anspruch genommen werden.
§ 307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB:
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben benachteiligen. …
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist
§ 7 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 2 UWG:
(1) Eine geschäftliche Handlung, durch die ein Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt wird, ist unzulässig. …
(2) Eine unzumutbare Belästigung ist stets anzunehmen
2. bei Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung oder gegenüber einem sonstigen Marktteilnehmer ohne dessen zumindest mutmaßliche Einwilligung.
§ 15 Abs. 3 Satz 1 TMG:
Der Diensteanbieter darf für Zwecke der Werbung, der Marktforschung oder zur bedarfsgerechten Gestaltung der Telemedien Nutzungsprofile bei Verwendung von Pseudonymen erstellen, sofern der Nutzer dem nicht widerspricht.
Art. 2 Satz 2 Buchst. f der Richtlinie 2002/58/EG:
Weiterhin bezeichnet im Sinne dieser Richtlinie der Ausdruck „Einwilligung“ eines Nutzers oder Teilnehmers die Einwilligung der betroffenen Person im Sinne von Richtlinie 95/46/EG;
Art. 5 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2002/58/EG:
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Speicherung von Informationen oder der Zugriff auf Informationen, die bereits im Endgerät eines Teilnehmers oder Nutzers gespeichert sind, nur gestattet ist, wenn der betreffende Teilnehmer oder Nutzer auf der Grundlage von klaren und umfassenden Informationen, die er gemäß der Richtlinie 95/46/EG u.a. über die Zwecke der Verarbeitung erhält, seine Einwilligung gegeben hat.
Art. 2 Buchst. h der Richtlinie 95/46/EG:
Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck „Einwilligung der betroffenen Person“ jede Willensbekundung, die ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgt und mit der die betroffene Person akzeptiert, dass personenbezogene Daten, die sie betreffen, verarbeitet werden.
Art. 4 Nr. 11 der Verordnung (EU) 2016/679:
Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck „Einwilligung“ der betroffenen Person jede freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonstigen eindeutigen bestätigenden Handlung, mit der die betroffene Person zu verstehen gibt, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden ist.
Art. 94 Abs. 1 und 2 Satz 1 der Verordnung (EU) 2016/679:
(1) Die Richtlinie 95/46/EG wird mit Wirkung vom 25. Mai 2018 aufgehoben.
(2) Verweise auf die aufgehobene Richtlinie gelten als Verweise auf die vorliegende Verordnung. …
Art. 95 der Verordnung (EU) 2016/679:
Diese Verordnung erlegt natürlichen oder juristischen Personen in Bezug auf die Verarbeitung in Verbindung mit der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste in öffentlichen Kommunikationsnetzen in der Union keine zusätzlichen Pflichten auf, soweit sie besonderen in der Richtlinie 2002/58/EG festgelegten Pflichten unterliegen, die dasselbe Ziel verfolgen.
Urteil vom 28. Mai 2020 – I ZR 7/16 – Cookie-Einwilligung II
Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs
Besteht durch eine Verarbeitung von Daten ein voraussichtlich hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen, so muss gemäß Art. 35 Abs. 1 DSGVO eine Datenschutzfolgeabschätzung (DSFA) durchgeführt werden.
Das erfordert eine umfangreiche Vorbereitung und ein abgestuftes und aufeinander abgestimmtes Vorgehen. Zunächst müssen die neuen, geplanten oder geänderten Verarbeitungsvorgänge mit den für das Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten aufzunehmenden Angaben gemäß Art. 30 Abs. 1 DSGVO dokumentiert werden.
Es schließen sich eine Dokumentation der Sicherstellung der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung im Sinne des Art. 6 DSGVO und dokumentierte Vorüberlegungen zur Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit dieser Verarbeitung unter Beachtung der allgemeinen Datenschutzgrundsätze aus Art. 5 DSGVO an.
Weiter ist die Rolle der Verantwortlichen für die Verarbeitungstätigkeiten im Sinne von Art. 4 Nr. 7 DSGVO und möglicher unterstützender Auftragsbearbeiter gemäß Art. 28 Abs. 3 f. DSGVO festzulegen. Eine begleitende Beratung erfolgt durch den Datenschutzbeauftragten gemäß Art. 35 Abs. 2 DSGVO.
Zur Klärung der Frage, ob bei der Verarbeitung voraussichtlich ein hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen gemäß Art. 35 Abs. 1 DSGVO besteht, hat zunächst eine Prüfung der dort genannten Fälle und eine Durchsicht der von den Aufsichtsbehörden erstellten Positivlisten nach Art. 35 Abs. 4 und Art. 68 DSGVO („Muss-Listen“) ebenso wie eine Berücksichtigung der von der Art.-29-Datenschutzschutzgruppe aufgestellten Kriterien zu erfolgen.
Es schließt sich eine eigenständige Prüfung der Höhe und Existenz von Risiken für Rechte und Freiheiten angesichts der Art, Umfang, Umstände und Zwecke der Verarbeitung an. Am Schluss steht eine Dokumentation der durchgeführten Schwellwertanalyse. Kommt diese zu einem positiven Ergebnis, muss eine Datenschutzfolgeabschätzung (DSFA) durchgeführt werden.
Alles Nähere hierzu erfahren Sie bei Bedarf durch unsere Kanzlei.
Geschäftsgeheimnisse sind nicht nur die Inhalte von Dateien.
Vielmehr umfasst der Schutz nun auch bereits die Verhinderung des Zugangs zu äußeren Dateimerkmalen, wie Dateiname, Dateiendung, Dateityp und Dateigröße, aus denen sich das Geschäftsgeheimnis ableiten lässt.
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 05. März 2020, 20 F 3.19
Betroffene Personen haben einen Auskunftsanspruch über die Speicherung ihrer personenbezogenen Daten.
Dieser umfasst auch alle verfügbaren Informationen über die Herkunft der Daten, wenn sie nicht direkt bei dem Betroffenen erhoben wurden.
Art. 15 Abs. 1 g) DSGVO sieht einen derart weitgehenden Auskunftsanspruch ausdrücklich vor. Er umfasst auch Angaben zu den Mitteln, mit denen die personenbezogenen Daten erhoben wurden. Die Angaben zur Quelle haben daher auch die eingesetzten Mittel zu benennen. Es ist also auch zu beauskunften, wann, in welcher Form und von wem der Datenverarbeiter die persönlichen Daten des Betreffenden erlangt hat.
LG Mosbach, Beschluss vom 27. Januar 2020, 5 T 4/20
Anwaltliche Schriftsätze dürfen zur Prüfung standeswidrigen Verhaltens an die zuständige Rechtsanwaltskammer eingereicht werden. Dies ist, soweit überhaupt eine Verarbeitung von Daten nach Art. 4 Nr. 2 DSGVO vorliegt, jedenfalls nach Art. 6 Abs. 1 e DSGVO zulässig.
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 19. Februar 2020, 6 W 19/20
Die Verletzung datenschutzrechtlicher Informationspflichten kann auch von einem Wettbewerber abgemahnt werden. Art. 80 DSGVO enthält keine abschließende Regelung bei Verstößen gegen die Datenschutzgrundverordnung.
Wettbewerbsverbände können gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 und § 3a UWG solche Verstöße geltend machen, bei denen es sich um eine Marktverhaltensregelung handelt.
Die Informationspflichten aus Art. 13 Abs. 1 a, c und Abs. 2 b, d und e DSGVO stellen solche Marktverhaltensregelungen dar. Betroffen ist jede Tätigkeit auf einem Markt, der objektiv der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen dient und durch die ein Unternehmer auf Mitbewerber, Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer einwirkt.
OLG Stuttgart, Urteil vom 27. Februar 2020, 2 U 257/19
vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 08. Juni 2017, 2 U 127/16 – Extraportion Vitamin C –
Eine Norm regelt das Marktverhalten, wenn sie einen Wettbewerbsbezug derart aufweist, dass die wettbewerblichen Belange der als Anbieter oder Nachfrager in Betracht kommenden Personen schützt.
BGH, Urteil vom 08. Oktober 2015, I ZR 225/13 – Eizellspende
BGH, Urteil vom 27. April 2017, I ZR 215/15 – Aufzeichnungspflicht
BGH, Urteil vom 28. November 2019, I ZR 23/19 – Pflichten des Batterieherstellers –
OLG Stuttgart, Urteil vom 05. Juli 2018, 2 U 167/17
Die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart wurde unbeschränkt zugelassen. Der Rechtsstreit wirft Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf, die umstritten sind.
Der Einsatz von Google-Analytics und anderen Remarketing-Tools ohne vorherige Einwilligung der Webseitenbesucher ist nach der Cookie-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs unzulässig (EuGH, Urteil vom 01. Oktober 2019, C-673/17). Deshalb sind inzwischen erste Untersagungsanordnungen der Landesdatenschutzbeauftragten ergangen.
Quelle: Pressemitteilung Landesbeauftragter für den Datenschutz und Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz (LfDI) vom 21. Februar 2020
Verstöße gegen die Datenschutzgrundverordnung sind je nach konkretem Sachverhalt auch wettbewerbsrechtlich abmahnbar.
Ein Kraftfahrzeug-Händler vertrieb über eBay Teile ohne die Nutzer über Art, Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten zu informieren.
Die daraufhin von einem Wettbewerbsverband erhobene Klage wurde zunächst vom LG Stuttgart abgewiesen. Das Oberlandesgericht Stuttgart kam zu einer gegenteiligen Entscheidung. Zwar sei § 13 TMG seit dem 25. Mai 2018 nicht mehr anwendbar, der Unterlassungsanspruch könne jedoch auf Art. 13 DSGVO gestützt werden. Der klagende Wettbewerbsverband sei auch nach der DSGVO klagebefugt, wenn es um eine Marktverhaltensregelung gehe. Art. 80 DSGVO enthalte keine abschließende Regelung für die privatrechtliche Anspruchsdurchsetzung. Deshalb müsse jede Norm konkret daraufhin überprüft werden, ob es sich um eine Marktverhaltensregelung handle. Das sei bei einem Verstoß gegen die Informationspflichten zu bejahen; sie weise den notwendigen Wettbewerbsbezug auf und diene auch dem Schutz der wettbewerblichen Interessen der übrigen Marktteilnehmer.
Dies entspricht auch der Rechtsprechung des OLG Hamburg sowie des OLG Naumburg.
OLG Stuttgart, Urteil vom 27. Juli 2019, 2 U 257/19
Wer in sozialen Netzwerken einen Unternehmensauftritt betreibt, kann gezwungen werden, seine Fanpage abzuschalten, da die Facebook-Infrastruktur schwerwiegende datenschutzrechtliche Mängel aufweist.
Facebook greift bei Aufruf der Fanpage auf personenbezogene Daten der Internetnutzer zu, ohne dass diese nach dem Telemediengesetz über „Art“, „Umfang“ und „Zweck“ der Erhebung sowie ihr Widerspruchsrecht gegen die Erstellung eines Nutzungsprofils für Zwecke der Werbung oder Marktforschung unterrichtet werden.
Nachdem der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 05.06.2018 in der Rechtssache C-210/16 entschieden hatte, dass der Betreiber einer Fanpage für die Facebook-Datenverarbeitung mitverantwortlich ist, hat nun das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 11.09.2019, 6 C 15.18 ein Urteil des Oberwaltungsgerichts Schleswig vom 04.09.2014, 4 LB 20/13 aufgehoben. Dieses muss nun die Rechtswidrigkeit der beanstandeten Datenverarbeitungsvorgänge noch näher aufklären und die tatsächlichen Umstände in Erfahrung bringen.
Laut einer aktuellen Allenbach-Studie sind weder die von der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) geforderte Freiwilligkeit noch die Informiertheit der User bei der Einwilligung in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBs) großer TechPlatformen, wie „WhatsApp“, Google“, „Facebook“ usw. gegeben. Vielmehr handelt es sich in der Rechtswirklichkeit weitestgehend um eine Fiktion. Fast jeder Nutzer gibt seine Zustimmung, da er anders die angebotenen Dienste überhaupt nicht nutzen kann. Zurecht wird daher bezweifelt, dass die Einwilligung der Nutzer in die Verwendung ihrer Daten überhaupt wirksam ist.
BVerwG, Urteil vom 11.09.2019, 6 C 15.18
Der Betrieb einer Facebook-Fanpage ist nach wie vor unzulässig. Die Datenschutzkonferenz (DSK), also die Zusammenkunft der deutschen Datenschutzbeauftragten, hat am 1.4.2019 mitgeteilt, dass auch die neue Facebook-Vereinbarung nicht datenschutzkonform sei.