Die Benutzungsfrist beginnt – anders als bei der nationalen, deutschen Marke – wegen des vorgelagerten Widerspruchsverfahrens mit dem Zeitpunkt der Eintragung.
Für internationale Registrierungen mit Benennung der EU regelt Artikel 203, dass an die Stelle des Eintragungsdatums das Veröffentlichungsdatum gemäß Artikel 190 Abs. 2 UMV tritt. Für internationale Registrierungen mit EU-Erstreckung beginnt die Benutzungsschonfrist damit ab dem Datum der zweiten Nachveröffentlichung, Artikel 203 UMV.
Entscheidend ist der Zeitpunkt, zu dem das EUIPO die Schutzgewährung ausgesprochen oder eine vorläufige Schutzverweigerung zurückgenommen hat. Die Regelung entspricht damit der Praxis zu Widersprüchen aus einer internationalen Registrierung mit Benennung eines EU-Mitgliedsstaats. Dort beginnt der Benutzungszwang mit Abschluss des Eintragungsverfahrens.
EuG, T-100/06 Rn. 44 BeckURS 2008, 488914 – Atoz/Artoz –
EuGH, C-246/05, GRUR 2007, 702/704 – Armin Häupl/Lidl –
Maßgeblich ist also das Datum der endgültigen Schutzgewährung.
Der Beginn der Benutzungsschonfrist bei internationalen Registrierungen, in denen ein EU-Mitgliedsstaat benannt ist, hängt von der jeweiligen nationalen Regelung ab. Die Benutzungsaufnahme im jeweiligen Land kann dem Markeninhaber solange nicht zugemutet werden, wie noch eine Schutzverweigerung durch das nationale Amt möglich ist. Das ist nach Artikel 5 Abs. 2a) und b) PMMA innerhalb einer Frist von 12 bzw. 18 Monaten ab dem Tag der Benachrichtigung über die Benennung möglich.
Achtung: Wird für eine Unionsmarke nach Artikel 39 UMV der Zeitrang einer identischen nationalen Marke in Anspruch genommen, und ist dieser Zeitrang bereits aufgrund des Erlöschens der nationalen Marke wirksam geworden, so ist für diesen nationalen Zeitrang ein Benutzungsnachweis zu erbringen, wenn die nationale Marke bereits dem Benutzungszwang unterliegt, auch wenn sich die Unionsmarke selbst noch in der Benutzungsschonfrist befindet.
EUIPO 1. BK Entscheidung vom 31.03.2011 – R 977/2010-1, Rn. 25-29
– Natural Visco/vlisco –
Latente Löschungsreife und Zwischenrechte
Die Verfallsreife ist heilbar, wenn die Benutzung wieder aufgenommen wird.
Jedoch können in der Zwischenzeit gemäß Artikel 16 UMW Zwischenrechte entstehen. Dann ist der Unionsmarkeninhaber im Verletzungsverfahren nicht berechtigt, die Benutzung einer später eingetragenen Unionsmarke (Artikel 16 Abs. 1 UMV) oder später eingetragenen nationalen Marke (Artikel 16 Abs. 2 UMV) zu untersagen, wenn die ältere Unionsmarke am Anmelde- bzw. Prioritätstag der jüngeren Marke löschungsreif war. Das hat auch Auswirkungen auf das Nichtigkeitsverfahren. In diesem muss nicht nur eine Benutzung im 5-Jahres-Zeitraum vor Antragstellung nachgewiesen werden, sondern zusätzlich auch im 5-Jahres-Zeitraum vor dem Anmelde- bzw. Prioritätsdatum der angegriffenen Unionsmarke.
Grundsätzlich hat im Nichtigkeitsverfahren nach Artikel 64 UMV der Inhaber einer älteren Unionsmarke auf die sich dieser im Nichtigkeitsverfahren beruft, auf Verlangen des Gegners den Nachweis der ernsthaften Benutzung für den Zeitraum der letzten fünf Jahre vor Stellung des Nichtigkeitsantrages zu erbringen oder nachzuweisen, dass berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen. Sofern diese ältere Unionsmarke bei Antragstellung bereits fünf Jahre eingetragen ist, Artikel 64 Abs. 2 Satz 1 UMV, die Unionsmarke also schon mindestens fünf Jahre vor Antragstellung eingetragen, ist jedenfalls ein Benutzungsnachweis über den Zeitraum der letzten fünf Jahre vor Antragstellung zu erbringen.
War die ältere Marke am Anmelde- oder Prioritätstag der angegriffenen Eintragung bereits fünf Jahre lang eingetragen, ist auch für diesen Zeitraum ein Benutzungsnachweis zu erbringen, Artikel 64 Abs. 2 Satz 2 UMV, der ausdrücklich auf Artikel 47 Abs. 2 UMV verweist.
Im Widerspruchsverfahren nach Artikel 47 UMV war bis zur EU-Markenrechtsreform die 5-Jahresfrist rückwärts vom Datum der Veröffentlichung der angegriffenen Marke aus zu berechnen. Diese bis zum 23.03.2016 geltende Rechtslage gilt weiterhin für Altverfahren, also für Widersprüche, die vor Inkrafttreten der VO (EU) 2015/2524 eingelegt wurden.
Nach Artikel 47 UMV n.F. ist nunmehr der Benutzungsnachweis für den Zeitraum der letzten fünf Jahre vor dem Anmeldetag oder dem Prioritätsdatum der Anmeldung zu erbringen.
Der Antrag des Neuanmelders auf Nachweis der ernsthaften Benutzung einer Widerspruchsmarke muss nach Artikel 10 DVUM in einem separaten Dokument erteilt werden, das eindeutig und bedingungslos und innerhalb einer vom Amt gesetzten Frist nach Artikel 8 Abs. 2 DVUM erfolgen muss.
Verfallsverfahren und Widerklage
Beim Verfallsantrag nach Artikel 58 Abs. 1a UMV oder einer Widerklage im Verletzungsverfahren muss die ernsthafte Benutzung in den letzten fünf Jahren vor Stellung des Verfallsantrags oder Erhebung der Widerklage erbracht werden. Geschieht dies nicht, wird sie für verfallen erklärt. Wurde die Benutzung einer bereits latent löschungsreifen Unionsmarke rechtzeitig vor Stellung des Verfallsantrags oder der Widerklage wieder aufgenommen, wird die Löschungsreife nach Artikel 58 Abs. 1 Buchstabe a) Satz 2 UMV geheilt, es sei denn, der Markeninhaber hat bereits davon Kenntnis erlangt, dass ein Verfallsantrag gestellt oder eine Widerklage erhoben werden könnte, erst danach die Benutzung aufgenommen, Artikel 58 Abs. 1a, Satz 3 UMV. Dann bleibt die Benutzung unberücksichtigt und es tritt keine Heilung ein, wenn die Benutzung innerhalb der letzten drei vollständig außerhalb der 5-Jahres-Frist liegenden Monate vor der Antragstellung bzw. Widerklageerhebung stattfand.
Liegt die (erneute) Benutzungsaufnahme oder zumindest ernsthafte Vorbereitungshandlung mehr als drei Monate zurück, so tritt die Heilung auf jeden Fall ein.
Praxis-Tipp: Der Verfall-Antragsteller oder Widerkläger sollte den Markeninhaber – wie auch nach nationalem Recht – in einem geeigneten Zeitpunkt „abmahnen“ und zum Verzicht auf seine Marke auffordern und dann unbedingt innerhalb des 3-Monats-Zeitraums den Verfallsantrag stellen oder Widerklage erheben.
Benutzungsdauer
Zwar muss gemäß Artikel 18 UMV innerhalb des jeweiligen 5-Jahres-Zeitraums eine Benutzung stattgefunden haben, das gilt aber nicht für den gesamten 5-Jahres-Zeitraum. Es reicht auch eine Benutzung während eines Teils dieses Zeitraums aus.
EuG, T-86/07, GRUR-Int. 2009, 609 Rn. 52 – Deitech –
Beispiel: So können auch historische Marken „Vintage Marks“ immer wieder für relativ kurze Zeiträume, beispielsweise für Sonderaktionen, in Benutzung genommen werden, um sie aufrechtzuerhalten, solange es sich nicht um eine reine Scheinbenutzung handelt, sondern der Markeninhaber hiermit tatsächlich Kunden gewinnen will (z.B. im Rahmen von Werbekampagnen).
EuG, T-334/01, GRUR-Int. 2004, 995 Rn. 45 – 50 – HIPOVITON –
EuG, T-203/02, GRUR-Int. 2005, 47 Rn. 46 – VITAFRUT–
EuGH, C-40/01, GRUR 2003, 425, Rn. 37 – Ansul –
Derartige Aktivitäten sollten im jeweiligen Unternehmen aber auf jeden Fall gut und dauerhaft und zuverlässig dokumentiert werden.
Kleine Brötchen backen musste ein Apotheker aus Darmstadt. Beim Verkauf eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels schenkte er einem Kunden einen Brötchen-Gutschein über „2 Wasserweck oder 1 Ofenkrusti“.
Die kostenfreie Abgabe auch einer geringwertigen Werbegabe beim Verkauf preisgebundener Arzneimittel ist aber gem. § 3a UWG wettbewerbsrechtlich unzulässig. Die Zugabe verstößt gegen die Preisbindungsvorschrift gem. § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3 AMG.
Auch die Ausgabe eines „Ein-Euro-Gutscheins“ für weitere Einkäufe in der Apotheke ist unzulässig.
Damit dürfte sich auch die Ausgabe sogenannter „Apotheken-Taler“ in Zukunft nicht mehr als zulässig herausstellen.
BGH, Urteile vom 06.06.2019, I ZR 206/17 und I ZR 60/18
Die Logistik gewinnt im Zeitalter der Globalisierung immer größere Bedeutung. Zugleich nehmen die Digitalisierung und neue Technologien im Bereich „Sensorik“ und „Mobilfunk“ immer schneller Fahrt auf. Die Europalette soll zukünftig nicht mehr nur als Ladungsträger, sondern auch als Informationsträger fungieren. Das Internet der Dinge (IoT) bildet die Möglichkeit für eine detaillierte Warenfluss- und Warenrückverfolgung auf der Ebene des Ladungsträgers. Flächendeckende Funktechnologien übermitteln die erfassten Daten, Cloud Services stellen sie als Informationen bereit. Integrierte Systeme ermöglichen einen umfassenden Überblick über die Position, den Zustand der Ware und des Ladungsträgers und über die gesamten Datenflüsse im logistischen Netzwerk.
Einen Einblick in brandneue Entwicklungen erhielten wir bei einem Besuch des Fraunhofer Instituts für Materialfluss und Logistik in Dortmund. Im Wintersemester 2019/2020 werden wir im Rahmen der Vorlesung „Patentrecht und Innovationsmanagement“ an der Westfälischen Wilhelms Universität-Münster erneut zu Besuch kommen, um insbesondere die Fortschritte bei „bio-intelligenten Systemen „zu erkunden.
Am Mittwoch, den 05.06.2019 findet wieder ein 2-stündiger Workshop zum Werberecht statt.
Wo endet die Akquise, wo beginnt der Auftrag? Berechtigte Vergütungsansprüche effektiv durchsetzen.
Welchen Schutz gibt es für Werbeideen, Kampagnen, Claims und Slogans: Gegen Vorlagenfreibeuterei nach Präsentationen und Pitches?
Wie schützt man Marken, Firmennamen und Domains? Teure Abmahnungen, gerichtliche Streitigkeiten und typische Haftungsfallen erkennen und vermeiden.
Der Schutz von Design- und Urheberrechten ist ein hohes Gut. Unterschiede zwischen Copyright, Lizenzen, Verwertungs- und Nutzungsrechten.
Foto- und Bildrechte in Zeiten der DSGVO.
Neuigkeiten für Online-Shops und im E-Commerce.
Kostenbeitrag (inkl. Getränke) : EUR 50,00
Anmeldung unter info@westfalenpatent.de
Am Montag, den 24.06.2019 wird Herr Rechtsanwalt Thomas Meinke wieder einen 5-stündigen Fortbildungskurs bei der Rechtsanwaltskammer Hamm abhalten.
Der bewährte „Grund- und Aufbaukurs Gewerblicher Rechtsschutz“ bietet zum wiederholten Mal einen Überblick zu Patenten, Marken und Design und behandelt zahlreiche aktuelle Probleme.
Dargestellt werden diesmal vor allem das Markenrechtsmodernisierungsgesetz, die neue Unionsmarkenverordnung und das reformierte deutsche Markengesetz. Der Vortrag beschäftigt sich insbesondere auch mit neuen Markenformen, geänderten Eintragungsvoraussetzungen, dem neuen Nichtigkeitsverfahren sowie den geänderten Bestimmungen für die rechtserhaltende Benutzung. Danach kommen auch das europäische Einheitspatent und das neue Designrecht zur Sprache.
In einem weiteren Teil wird die aktuelle Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) des Europäischen Gerichts (EuG) sowie des Bundesgerichtshofs (BGH), der Spezialsenate der zuständigen Oberlandesgerichte sowie des Bundespatentgerichts dargestellt. Derzeit haben sich schon über dreißig Teil-nehmer angemeldet. Restplätze sind noch bei der Rechtsanwaltskammer für den Oberlandesgerichtsbezirk Hamm buchbar.
Sperrige oder schwer zu transportierende Produkte müssen von Verbrauchern im Falle eines Widerrufs nicht selbst zurückgeschickt werden. Vielmehr muss sich dann der Verkäufer darum kümmern. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass zum Beispiel die Zurücksendung eines 5 x 6 m großen Partyzeltes mit zu großen Unannehmlichkeiten für einen Verbraucher verbunden ist.
EuGH , Urteil vom 23.05.2019 – C-52/18
Die Datenschutzkonferenz (DSK) hat in einer neuen Stellungnahme vom 1.4.2019 klargestellt, dass der Betrieb einer Facebook-Fanpage-Seite auch weiterhin nicht datenschutzkonform möglich sei. Facebook habe zwar einen Join Controller Mustervertrag vorgelegt. Das Gremium erklärt, dass das Vertragsmuster nicht ausreichend ist, sondern erheblich nachgebessert werden muss. Bis dahin, so die DSK, sei „ein datenschutzkonformer Betrieb einer Fanpage nicht möglich.“.
Die DSK ist die Konferenz der unabhängigen Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder. Die Stellungnahmen haben keinen verbindlichen Rechtscharakter, offenbaren aber, in welche Richtung die Behörden die DSGVO auslegen werden. Ob die Interpretation dann richtig oder falsch ist, werden die Gerichte entscheiden.
Zum Mustervertrag von Facebook heißt es im einzelnen:
„Diese von Facebook veröffentliche „Seiten-Insights-Ergänzung bezüglich des Verantwortlichen“ erfüllt nicht die Anforderungen an eine Vereinbarung nach Art. 26 DSGVO. Insbesondere steht es im Widerspruch zur gemeinsamen Verantwortlichkeit gemäß Art. 26 DSGVO, dass sich Facebook die alleinige Entscheidungsmacht „hinsichtlich der Verarbeitung von Insights-Daten“ einräumen lassen will.
Die von Facebook veröffentlichten Informationen stellen zudem die Verarbeitungstätigkeiten, die im Zusammenhang mit Fanpages und insbesondere Seiten-Insights durchgeführt werden und der gemeinsamen Verantwortlichkeit unterfallen, nicht hinreichend transparent und konkret dar. Sie sind nicht ausreichend, um den Fanpage-Betreibern die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Verarbeitung der personenbezogenen Daten der Besucherinnen und Besucher ihrer Fanpage zu ermöglichen.“
Die Klägerin ist Künstlerin, die Beklagte betreibt die Kunsthalle Mannheim.
Gegenstand des Verfahrens I ZR 98/17 ist die von der Klägerin im Auftrag
der Beklagten ab dem Jahr 2006 für den Athene-Trakt der Kunsthalle
erschaffene multimediale und multidimensionale Rauminstallation „HHole
(for Mannheim)“. Die Installation umfasst verschiedene Teile auf allen
sieben Gebäudeebenen des Trakts, die durch Öffnungen in den
Geschossdecken miteinander verbunden sind. Im Jahr 2012 beschloss die
Beklagte, den Athene-Trakt im Zuge der Neuerrichtung eines anderen
Gebäudeteils weitgehend zu entkernen sowie einige Geschossdecken und das
bisherige Dach abzubauen. Die Beklagte plant, das Werk im Zuge der
Umbaumaßnahmen zu beseitigen. Inzwischen sind unter anderem die
Geschossdecken in dem Trakt entfernt worden.
Gegenstand des Verfahrens I ZR 99/17 ist eine von der Klägerin im
Auftrag der Beklagten für den Dach- und Kuppelbereich des Billing-Baus
der Kunsthalle Mannheim ab dem Jahr 2006 erschaffene Lichtinstallation
„PHaradies“. Ab dem Jahr 2010 ließ die Beklagte das Dach des
Billing-Baus sanieren und im Zuge dieser Maßnahmen wurden spätestens
2013 sämtliche Bestandteile der Lichtinstallation entfernt und nicht
wieder aufgebaut.
Die Klägerin sieht in der Entfernung der Installationen eine Verletzung
ihres Urheberrechts.
Das Landgericht hat die Beklagte im Verfahren I ZR 98/17 zur Zahlung
einer Vergütung von 66.000 € unter Abweisung der Klage im Übrigen
verurteilt. Im Verfahren I ZR 99/17 hat das Landgericht die Klage
vollständig abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufungen der
Klägerin zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten die Klage im
Verfahren I ZR 98/17 auch hinsichtlich des vom Landgericht
zugesprochenen Vergütungsanspruchs abgewiesen.
Der Bundesgerichtshof hat im Verfahren I ZR 98/17 das angegriffene
Urteil auf die Revision der Klägerin aufgehoben, soweit das
Oberlandesgericht ihren Klageantrag auf Zahlung einer Vergütung bis zur
Höhe von 66.000 € zurückgewiesen hat, und die Sache insoweit zur
erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht
zurückgewiesen. Im Übrigen hat der Bundesgerichtshof die Revision
zurückgewiesen. Im Verfahren I ZR 99/17 hat der Bundesgerichtshof die
Revision der Klägerin zurückgewiesen.
Die von der Klägerin in beiden Verfahren hinsichtlich der Beseitigung
der Installationen nach § 97 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 UrhG
geltend gemachten Ansprüche bestehen nicht, weil die Vernichtung der
Werke rechtmäßig ist. Die Vernichtung eines urheberrechtlich geschützten
Werks stellt eine „andere Beeinträchtigung“ im Sinne des § 14 UrhG dar.
Bei der Prüfung, ob die Vernichtung geeignet ist, die berechtigten
persönlichen und geistigen Interessen des Urhebers am Werk zu gefährden,
ist eine umfassende Abwägung der Interessen des Urhebers und des
Eigentümers des Werks vorzunehmen. Bei der Interessenabwägung ist auf
Seiten des Urhebers zu berücksichtigen, ob es sich bei dem vernichteten
Werk um das einzige Vervielfältigungsstück des Werks handelte, oder ob
von dem Werk weitere Vervielfältigungsstücke existieren. Ferner ist zu
berücksichtigen, welche Gestaltungshöhe das Werk aufweist und ob es ein
Gegenstand der zweckfreien Kunst ist oder als angewandte Kunst einem
Gebrauchszweck dient. Auf Seiten des Eigentümers können, wenn ein
Bauwerk oder Kunst in oder an einem solchen betroffen ist, bautechnische
Gründe oder das Interesse an einer Nutzungsänderung von Bedeutung sein.
Bei Werken der Baukunst oder mit Bauwerken unlösbar verbundenen
Kunstwerken werden die Interessen des Eigentümers an einer anderweitigen
Nutzung oder Bebauung des Grundstück oder Gebäudes den Interessen des
Urhebers am Erhalt des Werks in der Regel vorgehen, sofern sich aus den
Umständen des Einzelfalls nichts anderes ergibt. Das Oberlandesgericht
hat danach rechtsfehlerfrei angenommen, dass das Interesse der Beklagten
an der Beseitigung der Installationen gegenüber dem Erhaltungsinteresse
der Klägerin Vorrang hat. Die geltend gemachten Ansprüche sind auch auf
vertraglicher Grundlage nicht gegeben.
BGH, Urteil vom 21.2.2019 – I ZR 98/17 u.a.
Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs
Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zum Umfang der von der Betreiberin der Internetvideoplattform „YouTube“ geschuldeten Auskünfte über diejenigen Nutzer, die urheberrechtlich geschützte Inhalte widerrechtlich auf die Plattform hochgeladen haben, vorgelegt.
Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine Filmverwerterin. Die Beklagte zu 1, die YouTube LLC, deren Muttergesellschaft die Beklagte zu 2, die Google Inc., ist, betreibt die Internetplattform „YouTube“. Beim Hochladen von Videos auf „YouTube“ müssen sich Benutzerinnen und Benutzer registrieren und dabei zwingend ihren Namen, eine E-Mail-Adresse und ein Geburtsdatum angeben. Für die Veröffentlichung eines Videos von mehr als 15 Minuten Länge muss außerdem eine Telefonnummer angegeben werden. Ferner müssen die Nutzer in die Speicherung von IP-Adressen einwilligen.
Die Klägerin macht exklusive Nutzungsrechte an den Filmwerken „Parker“ und „Scary Movie 5“ geltend. Diese Filme wurden in den Jahren 2013 und 2014 von drei verschiedenen Nutzern auf „YouTube“ hochgeladen.
Bisheriger Prozessverlauf:
Die Klägerin hat die Beklagten auf Auskunftserteilung in Anspruch genommen. In der Revisionsinstanz streiten die Parteien noch darüber, ob die Klägerin Ansprüche auf Auskunft über die E-Mail-Adressen, die Telefonnummern und diejenigen IP-Adressen hat, die für das Hochladen der beiden Filme und für den letzten Zugriff auf die Konten der Benutzer genutzt wurden.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte teilweise Erfolg. Das Oberlandesgericht hat die Beklagten zur Auskunft über die E-Mail-Adressen der Benutzer verurteilt, die die Filme hochgeladen haben, und hat die Klage im Übrigen abgewiesen. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgen die Klägerin ihre Klaganträge und die Beklagten ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums vorgelegt.
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs stellt sich die Frage, ob sich die in Art. 8 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/48/EG geregelte Auskunftspflicht von Personen, die – wie im Streitfall die Beklagten – in gewerblichem Ausmaß für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbracht haben, über Adressen der Hersteller, Erzeuger, Vertreiber, Lieferer und anderer Vorbesitzer der Waren oder Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen auch erstreckt auf
– die E-Mail-Adressen der Nutzer der Dienstleistungen und/oder
– die Telefonnummern der Nutzer der Dienstleistungen und/oder
– die von den Nutzern der Dienstleistungen für das Hochladen der rechtsverletzenden Dateien genutzten IP-Adressen nebst genauem Zeitpunkt des Hochladens.
Falls die Auskunftspflicht die für das Hochladen der rechtsverletzenden Dateien genutzten IP-Adressen umfasst, möchte der Bundesgerichtshof mit einer weiteren Vorlagefrage wissen, ob sich diese Auskunft auch auf die IP-Adresse erstreckt, die von dem Nutzer, der zuvor rechtsverletzend Dateien hochgeladen hat, zuletzt für einen Zugriff auf sein Benutzerkonto bei der Beklagten zu 1 verwendet wurde, nebst genauem Zeitpunkt des Zugriffs und unabhängig davon, ob bei diesem letzten Zugriff Rechtsverletzungen begangen wurden.
BGH, Beschluss vom 21. Februar 2019 – I ZR 153/17
Innerhalb des engsten Familienkreises besteht ein ehrschutzfreier Raum,
der es ermöglicht, sich frei auszusprechen, ohne gerichtliche Verfolgung
befürchten zu müssen. Dabei spielt es keine Rolle, dass sich die
Aussagen in einem elektronischen Dokument als Anlage zu einer WhatsApp
Nachricht befinden und nicht nur telefonisch geäußert wurden.
OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 17.01.2019 – 16 W 54/18