Die staatlich geschützte Pressefreiheit setzt einer ausufernden staatlichen Öffentlichkeitsarbeit Grenzen. So zählen presseähnliche Berichte über „Politik, Sport, Wirtschaft, Kultur und Freizeit“ nicht zu den erlaubten amtlichen Mitteilungen, sondern sind der lokalen Presse vorbehalten. Allerdings kommt es auf das Gewicht der Beiträge und den dadurch hervorgerufenen Gesamteindruck an. Ein publizistischer Wettbewerb einer Gemeinde zu den Medien ist nicht erlaubt. Eine Restaurantkritik hat dort ebenso wenig zu suchen wie ein Bericht über private Fußballspiele. Dies ist das vorläufige Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 12.05.2022 vor dem Bundesgerichtshof. Das schriftliche Urteil wird noch erwartet.
BGH, I ZR 97/21 Lensing Media / Stadt Dortmund
Sowohl die Internet-Video-Plattform „YouTube“ wie auch der Internet-Sharing- Hoster „Uploaded“ haften für von Dritten begangene Urheberrechtsverletzungen als Täter, sowohl auf Unterlassung wie auch auf Auskunftserteilung und Schadensersatz. Dies ist die Kernaussage der aktuellen Urteile des Bundesgerichtshofs vom 02.06.2022. Danach beruht ihr Geschäftsmodell auf der Verfügbarkeit rechtsverletzender Inhalte, zu deren rechtswidrigem „Upload“ sie ihre Nutzer verleiten. Sie haften daher selbst als Täter für das öffentliche Zugänglichmachen von Musik-Videos, privaten Konzertmitschnitten (Bootlegs) und Musikwerken aus
Studioalben. Im Fall „YouTube“ muss das OLG Hamburg noch einmal prüfen, ob geeignete technische Maßnahmen ergriffen wurden, um rechtswidrige „Uploads“ von vornherein zu verhindern. Lediglich reaktive technische Maßnahmen genügen nicht, etwa die Bereitstellung eines „Abuse-Formulars“ und eines „Advanced-Take-Down-Tools“. Auch die bisherigen proaktiven Maßnahmen wie Stichwortfilter beim Download, Hashfilter, einige manuelle Kontrollen und Recherchen in
Link Ressourcen (zum Auffinden von sogenannten Link-Sammlungen) sind nicht hinreichend effektiv. Die Anbieter trifft die Pflicht zur unverzüglichen Verhinderung des Zugangs zur konkret beanstandeten Datei und zu weiteren gleichartigen rechtsverletzenden Inhalten sowie zur Vorsorge, dass es künftig nicht zu weiteren gleichartigen Rechtsverletzungen kommt.
In allen Fällen ist allerdings noch zu prüfen, ob auch nach dem ab 01.08.2021 geltenden Gesetz über die urheberrechtliche Verantwortlichkeit von Diensteanbietern für das Teilen von Online-Inhalten eine „öffentliche Wiedergabe“ vorliegt.
BGH, I ZR 140/15,
BGH, I ZR 53 – 57/17
BGH, I ZR 135/18 „YouTube“ und “uploaded”
Das Logistik- und Transportunternehmen „DACHSER“ klagte gegen den Hersteller eines Miniatur-Lkw-Modells wegen der Verwendung seines Namens auf einem Miniatur-Lkw-Modell.
Das Oberlandesgericht Köln wies die Klage ab und hob ein entgegenstehendes Urteil des Landgerichts auf. Der Modellbauer beeinträchtige weder den Ruf noch die Wertschätzung des Speditionsunternehmens. Es handele sich lediglich um die Übernahme der in der Realität vorkommenden Original-Gestaltung.
OLG Köln, Urteil vom 29.04.2022, 6 U 178/21
Schon früher hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass auch die Verwendung von Herstellermarken von Original-Fahrzeugen bei Miniaturmodellen keine Markenverletzung darstelle.
BGH, Urteil vom 14.01.2020, I ZR 88/08 – Opel-Blitz II –
Zu einer abweichenden Entscheidung gelangte allerdings das Oberlandesgericht Frankfurt in einem ähnlichen Fall.
OLG Frankfurt, Urteil vom 09.05.2019, 6 U 98/18
Sämtliche Euroscheine ziert eine Satellitenansicht Europas. Ein Geograf und Karthograph hatte hierfür verschiedene Satellitenbilder und digitale Dateien verwendet, diese bearbeitet und verändert, Küstenlinien, Fjorde und Inseln verschoben sowie Oberflächenstrukturen und Farben überarbeitet. Sein Bild siegte 1996 in einem Wettbewerb um die Gestaltung der Euro-Scheine. Die Nutzungsrechte an seinem Entwurf übertrug er für 2.180,00 Euro an eine europäische Institution, die diese später an die Europäische Zentralbank weiterlizenzierte.
Nunmehr verlangt der Urheber eine nach seiner Ansicht angemessene Vergütung bzw. Nachvergütung gem. §§ 32, 32a UrhG. Diese belief sich für nach seiner Vorstellung die Vergangenheit auf 2,5 Millionen Euro und auf weitere 100.000,00 Euro jährlich für die nächsten dreißig Jahre.
Die Klage wurde in I. Instanz jedoch abgewiesen. Das Landgericht Frankfurt ist der Auffassung, zwar sei die Bilddatei des Geografen der Ausgangspunkt für die Gestaltung. Jedoch weiche die Darstellung stark von dem Satellitenbild ab. Es sei ein selbständiges, neues Werk geschaffen worden, in dem die dem Originalwerk entlehnten eigenpersönlichen Züge zurücktrete. Die Nutzung des älteren Werkes durch das neue erscheine nur noch als Anregung zu diesem neuen,
selbständigen Werkschaffen. Bei einem Gesamtvergleich der Euro-Scheine sei ein Verblassen der eigenschöpferischen Merkmale der Bilddatei anzunehmen. Der europäische Kontinent werde nur auf einem verhältnismäßig geringen Teil der Banknoten dargestellt. Außerdem seien die Landmassen Europas bei der Vorlage in naturtypischer Darstellung in Grün und Dunkelbraun gehalten, während der Kontinent auf den Euro-Banknoten in der jeweiligen Grundfarbe der Stückelung nur einfarbig mit Linienreliefs gestaltet werde. Schließlich sei auf den Scheinen von der für die Satellitenaufnahme prägenden Darstellung der Lebensumwelt einschließlich Höhen und Tiefen der Landschaftselemente vollständig Abstand genommen worden.
LG Frankfurt a.M., Urteil vom 18.05.2022, 2- 06 O 52/21
– nicht rechtskräftig -.
Werden in einem Instagram-Beitrag kostenlos überlassene E-Books angepriesen und über sogenannte Tap-Tags mit den Anbietern dieser Bücher verlinkt, muss dies als Werbung gekennzeichnet werden. Die Veröffentlichung derartiger Posts ohne Werbehinweis ist wettbewerbswidrig, da es bei der Vermischung von privaten und kommerziellen Darstellungen für den Durchschnittsverbraucher ohne eine solche Kennzeichnung nicht erkennbar ist, ob es sich um Werbung handelt.
LG Frankfurt, Urteil vom 31.03.2021, 2-6 O 271/20
Online-Marktplätze und Vergleichsportale sollen zukünftig verpflichtet werden, entweder die Echtheit von Bewertungen zu überprüfen oder ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass keine Überprüfung stattgefunden hat. Die am 28.05.2022 in Kraft getretene UWG-Novelle weitet damit die Transparenzpflichten weiter aus. Neben den Kundenbewertungen gem. § 5b Abs. 3 UWG sind auch das Influencer-Marketing, Rankings von Produkten in Online-Shops sowie Varianten von Waren in anderen EU-Mitgliedsstaaten Gegenstand von Änderungen zur Umsetzung der Europäischen Richtlinie zur Modernisierung des Verbraucherschutzrechts (EU 2019/2161).
§ 5b Abs. 3 UWG soll sogenannten Fake-Bewertungen entgegenwirken. Teilweise kaufen Anbieter Bewertungen von Dritten ein oder geben sich selbst positive Bewertungen oder bewerten Waren der Konkurrenz schlecht.
Häufig wird auch eine Gegenleistung für eine Positiv-Bewertung ausgelobt, etwa eine Vergünstigung für den nächsten Einkauf oder die unentgeltliche Zurverfügungstellung von Waren für sogenannte Produkttester. Dies muss in Zukunft deutlich gemacht werden, um ein verzerrtes Bild zu verhindern. Zu häufig gehen Verbraucher von einer neutralen Bewertung aus und verlassen sich auf deren Echtheit und Objektivität.
Bisher waren Fake-Bewertungen nur auf dem Umweg über § 5a UWG a.F. aufgrund sogenannter Irreführung durch Unterlassen angreifbar, wenn der Bewertende eine Gegenleistung erhalten hatte und der Werbende nicht auf diese Gegenleistung hinwies.
vgl. OLG Frankfurt, GRUR-RR 2020, 87 -Gekaufte Kundenbewertungen -.
Kein Zugänglichmachen von Bewertungen im Sinne des neuen § 5b Abs. 3 ist das einfache Verlinken einer von einem Dritten betriebenen Bewertungsseite. In diesem Fall gilt die neue Transparenzpflicht nicht.
Andererseits gibt es auch eine Erweiterung durch die neue Nummer 23b des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG („Schwarze Liste“): Danach ist es grundsätzlich irreführend, zu behaupten, dass Bewertungen einer Ware oder Dienstleistung von solchen Verbrauchern stammen, die diese Ware oder Dienstleistung tatsächlich erworben oder genutzt haben, ohne dass angemessene und verhältnismäßige Maßnahmen zur Überprüfung ergriffen wurden, ob die Bewertungen tatsächlich von solchen Verbrauchern stammen.
Fraglich ist, ob die Transparenzpflicht auch dann gilt, wenn die Bewertung nicht von einem Verbraucher, sondern von dem Unternehmer selbst stammt. Auch könnte es für Unternehmer das Leichteste sein, darauf hinzuweisen, dass überhaupt keine Überprüfung der Echtheit stattgefunden hat. Seriöse Anbieter werden hingegen ihre Bewertungen prüfen und auch über die Echtheit wahrheitsgemäß Auskunft geben.
Bei Buchungen und Bestellungen im Internet muss der Verbraucher eindeutig darauf hingewiesen werden, dass eine Kostenpflicht besteht. Ein Kaufvertrag kommt nur zustande, wenn dies klar und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht wird. Hierzu genügt die Beschriftung eines Buttons mit der Formulierung
„Buchung abschließen“ nicht. Dazu sind eindeutige Formulierungen, wie „jetzt kaufen“ oder „jetzt kostenpflichtig bestellen“, erforderlich.
EuGH, C-249/21 vom 07.04.2022
Neuartige Lebensmittel benötigen eine lebensmittelrechtliche Zulassung. Andernfalls sind sie nicht verkehrsfähig. Das gilt auch für ein cannabidiolhaltiges TofuProdukt. Denn obwohl die Hanfpflanze selbst in Europa bereits eine sogenannte „Verzehrgeschichte“ aufweist, gilt dies nicht für den in der Hanfpflanze vorkommenden CBD-Bestandteil. Deshalb verstoße das Cannabis-Tofu gegen die Novel-Food-Verordnung.
VG Trier, 6 K 3630/21. TR vom 11.03.2022
Die Werbung mit einem abgelaufenen TÜV-Zertifikat stellt eine wettbewerbswidrige Irreführung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG sowie gleichzeitig einen Verstoß gegen das Verbot aus der sogenannten „Schwarzen Liste“ Anhang 3 Nr. 2 UWG dar. Kein Verbraucher rechnet damit, dass mit einem nicht mehr gültigen Zertifikat geworben wird, selbst wenn dieses ein (abgelaufenes) Gültigkeitsdatum aufweist.
LG Berlin, 103 O 110/20 vom 07.12.2021
Die Werbung mit dem Begriff „Kinderzahnarzt“ ist nicht irreführend, auch wenn der Zahnarzt keine besonderen Fachkenntnisse im Bereich der Kinderzahnheilkunde besitzt. Verbraucher erwarten von einer Kinderzahnarztpraxis lediglich, dass sie kindgerecht ausgestattet ist und der Zahnarzt auf seine kleinen Patienten besonders eingeht. Es liegt kein Verstoß gegen §§ 3, 5 Abs. 1 UWG vor.
BGH, Urteil I-ZR 217/20 vom 07.04.2022