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Nach der Preisangabenverordnung (PAngV) muss der Grundpreis in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises angegeben werden. Diese Bestimmung ist aber europarechtswidrig. Denn die europäische Preisangabenrichtlinie 98/6/EG verlangt lediglich, dass der Verkaufspreis und der Preis je Maßeinheit unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar sein müssen.

Schärfere Anforderungen, insbesondere eine Pflicht, den Grundpreis in unmittelbarer Nähe zum Gesamtpreis anzugeben, verbietet Art. 3 Abs. 5 S. 1 der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (Rl 2005/29/EG). Aus diesem Grund scheiterte in der Berufungsinstanz eine Unterlassungsklage des IDO e.V. gegen einen Online-Händler von Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln. Das Landgericht Hamburg hatte zuvor noch eine einstweilige Verfügung zugunsten des IDO e.V. erlassen.

OLG Hamburg, Hinweisbeschluss vom 22. April 2020, 3 U 154/19

Auch im Markenrecht können ausnahmsweise wettbewerbsrechtliche Überlegungen eine Rolle spielen. Die Markeninhaberin besitzt eine unter anderem für Tablettendosen oder ähnliches eingetragene deutsche Marke „ABC“ und erstellte bei Amazon eine Produktdetailseite mit der Überschrift „ABC Medikamenten-Dosierer, Pillendose …„ Die Beklagte vertrieb ebenfalls einen Medikamenten-Dosierer über Amazon. Der Algorithmus hängte ihr Angebot an die von der Klägerin erstellte Produktdetailseite automatisch an, so dass ihr Angebot ebenfalls den Hinweis auf die Marke „ABC“ aufwies.

Beide Parteien beziehen ihre Pillendosen von demselben chinesischen Hersteller.

Im Gegensatz zum Landgericht sah das Oberlandesgericht Hamm in einem Hinweisbeschluss in dem Verhalten der Beklagten keine Markenverletzung. Diese liege zwar eigentlich vor, nach den Umständen des Einzelfalls stehe aber der Beklagten der Einwand des § 242 BGB (Treue und Glauben) zur Seite. Die Klägerin stelle sich im Internet unzutreffend als Herstellerin dar, obwohl sie genau wie die Beklagte nur Händlerin der Medikamenten-Dosierer sei. Genau diese irreführende und unlautere Markennutzung führe aufgrund des Amazon-Suchalgorithmus dazu, dass die übrigen Händler automatisch eine Markenverletzung begehen müssten.

Könnte die Klägerin markenrechtliche Unterlassungsansprüche verfolgen, würde dies einen Preiswettbewerb der Händler auf der Webseite von Amazon verhindern.

Die Markeninhaberin hat daraufhin die Berufung der Beklagten „anerkannt“, obwohl dies prozessual nicht vorgesehen ist. Sie hätte eigentlich die Klage zurücknehmen oder auf die geltend gemachten Ansprüche verzichten müssen.

OLG Hamm, Beschluss vom 07. März 2019, 4 U 77/18

Die Werbung mit „Architektur/Tragwerksplanung/Statik/Bauphysik“ ist unzulässig, wenn der Werbetreibende nicht mindestens einen Architekten beschäftigt. In der Internet-Anzeige hieß es weiter (unzutreffen): „Der Vorteil für den Auftraggeber bzw. Bauherren liegt darin, dass er in Fragen von Architektur, Planung, Tragwerksplanung, Baustatik, Bauphysik und Bauleitung einen Ansprechpartner hat, der ihm alle Fragen kompetent und ganzheitlich beantworten kann.“

In einem über einen Link erreichbaren Text wurden zudem im Allgemeinen Architektenleistungen beschrieben.

Die angesprochenen Verkehrskreise werden daraus den Schluss ziehen, dass die angebotenen Leistungen tatsächlich durch einen Architekten erbracht werden. Tatsächlich beschäftigte die Firma aber keinen Architekten, so dass die angegriffene Werbung irreführend war.

OLG Hamm, Beschluss vom 27. August 2019, 4 U 39/18

Subjektive Bewertungen der Mitarbeiter statt objektive Fakten:

Das Landgericht Köln hat dem Online-Vergleichsportal Check24 ein irreführendes Werbeversprechen „nirgendwo günstiger“ verboten.

Die HUK-COBURG Versicherung war dagegen mit dem zutreffenden Argument vorgegangen, es gäbe durchaus günstigere Angebote. In Wahrheit erscheinen auf dem Vergleichsportal nur ca. 80 % der günstigsten Angebote. Auch die von Check24 vergebenen Tarifnoten beruhen nach Ansicht des Gerichts auf Eigenschaften, die für den Verbraucher nicht nachzuvollziehen sind. Sie sind weder transparent, noch beruhen sie auf objektiven Kriterien. Die HUK-COBURG verzichtet auf eine Zusammenarbeit mit Check24, um keine Provisionen zahlen zu müssen.

LG Köln, Urteil vom 22. April 2020, 84 O 76/19

Führt ein erheblich zu geringer Kilometerstand in einer Anzeige auf einer Gebrauchtwagen-Plattform zu einer blickfangartig hervorgehobenen Bewertung als „Top-Angebot“, so handelt es sich um eine irreführende und damit unzulässige Werbung.

Ein VW-Golf wurde mit einem Kilometerstand von angeblich nur 2.040 km für lediglich € 1.100,- beworben, obwohl der tatsächliche Kilometerstand 204.000 km betrug. Das war auch auf einem beigefügten Foto zu erkennen. Im Gegensatz zur Vorinstanz, dem Landgericht Köln, entschied das Oberlandesgericht Köln, dass ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 3, 5 Abs. 1 S. 1, 2 Nr. 1, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3 UWG besteht. Die falsche Angabe führt zu einer blickfangmäßig hervorgehobenen unwahren Bewertung als „Top-Angebot“, das in Wahrheit nicht existiert.

OLG Köln, Urteil vom 09. März 2020, 6 W 25/20



Der berüchtigte Abmahn-Verband aus Leverkusen handelt rechtsmissbräuchlich, da er bei Wettbewerbsverstößen nicht gegen eigene Mitglieder vorgeht. Vielmehr werden diese von Abmahnungen verschont. Zu diesem Ergebnis kamen die Richter des Landgerichts Heilbronn und wiesen eine Unterlassungsklage gegen einen nicht dem Verband angehörigen Online-Händler wegen Rechtsmissbrauchs ab.

LG Heilbronn, Urteil vom 20. Dezember 2019, 21 O 38/19 KfH

Aktualisierung:

Online-Händler hassen ihn: Der sogenannten „Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unternehmen e.V. (IDO)“ mahnt reihenweise E-Commerce-Anbieter wegen meist simpler Rechtsverstöße ab.

Wettbewerbsvereine dürfen gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) Abmahnungen verschicken, wenn ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmen angehört. Die IDO-Mitglieder sind jedoch in der Regel nur passive Mitglieder ohne eigenes Stimmrecht. Sie erscheinen daher nur als Mittel zum Zweck, um die formale Abmahnbefugnis zu erlangen. Das sieht das Oberlandesgericht Celle in einem aktuellen Urteil aber als rechtsmissbräuchlich an.

OLG Celle, Urteil vom 26. März 2020, 13 U 73/19

In anderen Fällen hatten die Gerichte dem IDO die Abmahn- und Prozessführungsbefugnis auch bereits deshalb aberkannt, weil er seine eigenen (passiven) Mitglieder bei Verstößen nicht abmahnt und damit besser stellt.



Es ist immer wieder bemerkenswert, womit sich die Rechtsprechung alles beschäftigen muss:

Das Oberlandesgericht Köln hat entschieden, dass die Werbung für Plüschtiere auf eBay bzw. in einem Online-Shop mit diagonal gemessenen Längen nicht irreführend sei. Das Landgericht Köln hatte noch gemeint, die angesprochenen Verbraucher erwarteten, dass die Teddybären vom Scheitel bis zur Sohle eine bestimmte Größe aufwiesen. Tatsächlich war die Höhe jedoch ca. 15 % kleiner als die Diagonale.

In der angegriffenen Werbung war jedoch eingezeichnet, dass sich die angegebenen Maße auf die Länge der Diagonale von der Fußspitze der einen bis zum Ende des Ohres an der anderen Seite des Bären bezogen. Verbraucher könnten daher zwischen Höhe und Diagonale unterscheiden. Für die Kaufentscheidung sei mehr von Bedeutung, dass das Aussehen als „süß“ und ansprechend empfunden werde. Eine Größendifferenz von 15 % sei hingegen nicht maßgeblich.

OLG Köln, Urteil vom 06. Februar 2019, 6 U 141/18

Vgl. auch BGH, Urteil vom 18. Dezember 2014, I ZR 129/13,

GRUR 2015, 698 – Schlafzimmer komplett

BGH, Urteil vom 05. November 2015, I ZR 182/14,

GRUR 2016, 521 – Durchgestrichener Preis II

§ 291 Strafgesetzbuch:

Wer die Zwangslage, die Unerfahrenheit, den Mangel an Urteilsvermögen oder die erhebliche Willensschwäche eines anderen dadurch ausbeutet, dass er sich oder einem Dritten

1. …

2. …

3. …

für eine sonstige Leistung

4. …

Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung … stehen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1. …

2. die Tat gewerbsmäßig begeht

3. …

Das Wesen des Wuchers liegt darin, dass der Täter eine individuelle Schwächesituation seines Opfers materiell ausbeutet, um für seine eigene Leistung eine deren Wert weit übersteigende Gegenleistung zu gewinnen.

Der Schutz einer bedrängten Einzelperson oder einer Gruppe von Menschen vor krasser wirtschaftlicher Übervorteilung ist das wesentliche Rechtsgut der Vorschrift. Auch spielt der Sozialwucher, d.h. die Ausbeutung einer allgemeinen Mangellage, ebenfalls eine gewisse Rolle. Allerdings stellt eine die gesamte Bevölkerung treffende Mangellage, z.B. in Krisenzeiten auf dem Lebensmittelsektor, keine Zwangslage im Sinne des § 291 StGB dar.

Nach § 138 Abs. 2 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, durch das jemand unter Ausnutzung der Zwangslage eines anderen sich für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zur Leistung stehen. Die Grenze liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beim Doppelten des normalen Preises.

Selbst hergestellte Masken dürfen nur äußerst eingeschränkt beworben werden. „Schutz vor Corona-Virus“ ist ebenso irreführend, wie „Mundschutz“, „Mundschutzmaske“ oder gar „Atemschutzmaske“. Derartige Produkte unterliegen nämlich den strengen Zulassungsvoraussetzungen des Medizinproduktegesetztes (MPG). Dazu benötigt man eine klinische Leistungsbewertung, zudem muss die Marke ein „CE“-Kennzeichen tragen. Außerdem müssen Angaben über den Verantwortlichen gemacht und eine Gebrauchsanweisung beigefügt werden.

Verstöße können von Wettbewerbern abgemahnt werden. Es ist daher dringend zu empfehlen, lediglich unverfängliche Formulierungen, wie vielleicht „Mundbedeckung“ oder „Mund- und Nasen-Maske“ zu benutzen (ohne Gewähr!).

Auch in China lassen sich Marken- und Designrechte erfolgreich durchsetzen. Das beweist die dänische Spielklötzchen-Firma „LEGO“, die sich gegen billige Nachahmerprodukte aus China durchsetzen konnte. Die Firma Lepin kopiert nicht nur Figuren und Steine, sondern auch Verpackungen und Logos und wirbt mit einer 100%igen Kompatibilität. Aus „LEGO City®“ wurde „Lepin Cities“, statt „LEGO Ninjao®“ heißt es „Lepin Ninjasaga“ und statt „LEGO Star Wars®“ „Lepin Star Wnrs“. Dies untersagte nun der Guangzhou Intellectual Property Court. Lepin darf 18 Bausätze nicht weiter kopieren und verkaufen und muss eine Geldstrafe zahlen. Außerdem hat die Polizei Razzien in drei Lepin-Fabriken in Shantou und Shenzhen durchgeführt, bei der 650.000 Sets mit einem Marktwert von ca. $ 30.000.000,- sichergestellt wurden. An über 10 Fließbändern wurden 90 Produktserien fleißig kopiert, gefunden wurden auch 200.000 Aufbauanleitungen, vier Fälscher wurden festgenommen. Allerdings stehen bereits Nachfolger in den Startlöchern. Statt Lepin heißen die neuen Anbieter nunmehr King und Nuogao.

Quelle: lto.de vom 25. März 2020