Bei der Lieferung mangelhafter Sachen trifft den Verkäufer 2 Jahre lang (+ 4 Monate) eine gesetzliche Gewährleistungspflicht. Der Käufer kann als sogenannte Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.
Gesetzliche Gewährleistung: Nachlieferung oder Nachbesserung
Hat der Käufer die mangelhafte Sache bereits in eine andere Sache eingebaut oder an einer anderen Sache angebracht, bevor der Mangel offenbar wurde, ist der Verkäufer auch verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen, § 439 Abs. 3 BGB. Der Verkäufer kann die Nacherfüllung nur verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind gem. § 439 Abs. 4 BGB insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf eine andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Von § 439 Abs. 3 BGB sind verschiedene Fälle erfasst. Beim Einbau wird die Kaufsache mit einer anderen Sache in der Weise körperlich verbunden, dass sie unselbständiger Bestandteil dieser anderen Sache wird.
Einbau und Anbringen
Unter „Anbringen“ ist eine Verbindung der mangelhaften Sache mit einer anderen Sache zu verstehen, die dem Einbau vergleichbar ist. Dies sind vor allem Fälle, bei denen die mangelhafte Sache nicht in die andere Sache integriert wird, sondern lediglich von außen angebracht wird, wie etwa Dachrinnen oder Leuchten, aber auch Farben und Lacke.
In einem vom Oberlandesgericht Köln entschiedenen Fall ging es um eine Vielzahl von Edelstahlrohren, die als Rohrleitungssysteme auf Kreuzfahrtschiffen montiert werden sollten. Bevor Materialfehler an den in Indien produzierten Rohren festgestellt wurden, wurde bereits mit der sogenannten Vorfertigung eines Rohrleitungssystems begonnen. Dazu wurden die Rohre zu Rohrleitungspools zusammengebaut, d.h. zu von der Käuferin vorbereiteten Nähten zusammengeschweißt. Anschließend mussten sie gebeizt und angestrichen werden. Nach Mangelentdeckung wurden die aus Spools wieder demontiert, damit man sie bei einer erneuten Vorfertigung wiederverwenden konnte.
Aufwendungsersatz
Hierfür verlangte die Käuferin Aufwendungsersatz. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Köln wird dieser Fall aber nicht von § 439 Abs. 3 BGB erfasst. Denn die Rohre wurden nicht in einer Weise miteinander verbunden, dass sie unselbständiger Bestandteil einer anderen Sache geworden wären. Vielmehr wurden sie nur untereinander miteinander verbunden und zu einem sogenannten Spool verschweißt. § 439 Abs. 3 Satz 1 BGB erfasse nur den Einbau und den Ausbau, z.B. durch Nieten und Bohren, Schweißen, Ein- und Ausschrauben, Heraus- oder Abtrennen. Findet stattdessen die Herstellung einer neuen Sache, wie hier von Rohrleitungsspools statt, unterfällt dies nicht der gesetzlichen Regelung in § 439 Abs. 3 BGB.
Individualvereinbarung
Um aus diesem Dilemma herauszukommen, kann der Käufer in einer individuellen Vereinbarung im B2B-Bereich § 439 Abs. 3 BGB modifizieren und die Anwendung des Aufwendungsersatzanspruchs auch für den Fall der Herstellung einer neuen Sache vereinbaren. Umgekehrt kann im Geschäftsverkehr § 439 Abs. 3 BGB auch eingeschränkt oder ganz ausgeschlossen werden.
AGB
Allerdings ist dies im Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen unzulässig. § 309 Nr. 8b) cc) BGB spricht dafür, dass dies eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 BGB darstellen würde. Dies würde zur Unwirksamkeit der AGB-Klausel führen.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln ist noch nicht rechtskräftig, vielmehr wurde die Revision zugelassen. Es bleibt also abzuwarten, ob der Bundesgerichtshof ebenso entscheidet, wie das Oberlandesgericht.
OLG Köln, Urteil vom 07.04.2022, 15 U 82/21
BGH VIII ZR 105/22 – ANH -.
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