Wirksame Geheimhaltungsmaßnahmen setzen nicht zwingend eine ausdrückliche Vertraulichkeitsvereinbarung oder eine vertragliche Verschwiegenheitsklausel voraus. Eine nicht allgemein zugängliche und werthaltige Information nach 2 Abs. 1 Nr. 1 GeschGehG kann auch in dem Aufwand begründet sein, der mit der Erstellung der Information verbunden war. Die Investition von Zeit, Geld und Mühe ist schutzbedürftig. Angemessene Schutzmaßnahmen sind getroffen, wenn das Need-to-know-Prinzip eingehalten ist. Dieses Prinzip betrifft die sachliche Rechtfertigung der Auswahl der Beteiligten. Erforderlich ist zudem eine berechtigte Erwartung an die Einhaltung der Vertraulichkeit. Selbst wenn es wegen Verstoßes gegen gesetzliche Vorschriften keine wirksame Verschwiegenheitsvereinbarung gibt, muss diese dennoch nicht unbeachtlich sein. Denn solche Klauseln haben zumindest psychologische Auswirkungen und erinnern zum Beispiel Arbeitnehmer an ihre arbeitsrechtliche Treuepflicht.
Stets kommt es auf eine Ex-ante-Sicht, also aus einer Betrachtung zum früheren Zeitpunkt an. Es geht nicht darum, ob im Nachhinein ein Geheimnisbruch zu verhindern gewesen wäre, sondern ob von vornherein wirksame und sinnvolle Schutzmaßnahmen ergriffen wurden. Auch wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass die getroffenen Sicherungsmaßnahmen überwindbar waren, können diese für das Bestehen von Geheimnisschutz ausreichen, wenn sie bei objektiver Betrachtung angemessen waren und keine Anhaltspunkte dafür bestanden, dass sie unzureichend waren. Dies trifft zum Beispiel auf technische Maßnahmen wie mobile Endgeräte mit einem BitLocker, TLS-Verschlüsselung, E-Mail-Postfächer und eine zentrale Dateiablage zu. Eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ist nicht zwingend erforderlich.
OLG Schleswig, Urteil vom 28.04.2022, 6 U 39/21
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