Kann ein Patent, das nicht mehr in Kraft steht, trotzdem noch mit der Nichtigkeitsklage angegriffen werden?
Es ging um ein Patent, das ein Verfahren zur embryonenerhaltenden Gewinnung sogenannter pluripotenter Stammzellen betrifft.
Der klagende Verein war der Auffassung, dieses Patent hätte nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PatG nicht erteilt werden dürfen, soweit es auch menschliche Blastocysten erfasse. Nach dieser Vorschrift darf ein Patent insbesondere nicht erteilt werden für die Verwendung von menschlichen Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken (ebenso wie für Verfahren zum Klonen von menschlichen Lebewesen oder zur Veränderung der genetischen Identität der Keimbahn des menschlichen Lebewesens, § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 2 PatG).
Während des erstinstanzliches Nichtigkeitsverfahrens vor dem Bundespatentgericht erlosch das Patent dadurch, dass die jährlich für seine Aufrechterhaltung zu zahlende Gebühr nicht entrichtet wurde (§ 20 PatG).
Daraufhin hat das Bundespatentgericht die Klage als unzulässig abgewiesen. Hiergegen wendete sich der Verein mit der Berufung zum Bundesgerichtshof.
Diese Berufung war erfolglos, weil das Streitpatent sich nicht mehr in Kraft befand.
Grundsätzlich kann jedermann eine Klage auf Nichtigerklärung eines Patentes erheben, da es sich dabei um eine sogenannte Popularklage handelt. Es liegt im allgemeinen Interesse, zu Unrecht erteilte Schutzrechte wieder zu beseitigen. Dies gilt aber nicht mehr, wenn das Patent bereits erloschen ist. Dann ist die Nichtigkeitsklage nur noch zulässig, wenn ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis besteht. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn ein potenzieller Verletzer noch wegen Patentverletzung in der Vergangenheit in Anspruch genommen werden kann.
Ein solcher Fall ist aber im Fall einer Popularklage nicht denkbar.
BGH, Urteil vom 21.07.2022, X ZR 110/21 – Gewinnung pluripotenter embryonaler Stammzellen -.
Vorinstanz: BPatG, Urteil vom 05.10.2021, 3 Ni 31/19.
Anders lag der Sachverhalt wegen unzureichende Klimaschutzmaßnahmen. Dort bejahte das Bundesverfassungsgericht die Beschwerdebefugnis der Klägerin, da eine Verletzung ihrer Grundrechte möglich erschien.
BVerfG vom 24.03.2021, 1 BvR 2656/18 u.a.
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