Lügen haben kurze Beine. Auch das Unterlassen einer Mitteilung, d.h. ein Unterschlagen einer Nachricht, kann rechtsmissbräuchlich sein.
Ein abgemahntes Unternehmen hatte fristgerecht geantwortet und den Vorwurf einer Wettbewerbsverletzung zurückgewiesen. Daraufhin wurde eine einstweilige Verfügung beantragt und (wahrheitswidrig) vorgetragen, der Abgemahnte habe auf die Abmahnung nicht reagiert. Daraufhin wurde ohne mündliche Verhandlung eine Beschlussverfügung erlassen. Das abgemahnte Unternehmen rügte eine Verletzung der prozessualen Waffengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz aufgrund der Vorenthaltung rechtlichen Gehörs. Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde zwar mangels Erschöpfung des Rechtswegs nicht zur Entscheidung angenommen, trotzdem aber darauf hingewiesen, das Verschweigen der Reaktion auf die Abmahnung könne ein Indiz für rechtsmissbräuchliches Verhalten aufgrund einer Verletzung der prozessualen Wahrheitspflicht darstellen. Die mangelnde Anhörung beruhe in diesem Fall nicht auf einem Rechtsverstoß durch das Gericht, sondern aus dem Unterlassen der gebotenen Informationen durch den Abmahner.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 03. Dezember 2020, 1 BvR 2575/20
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