Mit Beschluss vom 13.09.2018 hat der Bundesgerichtshof dem Europäischen Gerichtshof mehrere Fragen zur Haftung von YouTube für Urheberrechtsverletzungen vorgelegt.
Anfang November 2008 waren bei YouTube mit Musikvideos von Sarah Brightman eingestellt, darunter auch private Konzertmitschnitte und Musikwerke aus ihren Alben. Dagegen wehrte sich ihr Musikproduzent und verklagte YouTube auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatz.
Nachdem das Landgericht Hamburg der Klage hinsichtlich dreier Musiktitel stattgegeben hatte, verurteilte das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg in Bezug auf sieben Musiktitel YouTube dahingehend, es nicht weiter zu ermöglichen, Tonaufnahmen oder Darbietungen von Sarah Brightman aus dem Studioalbum „A Winter Symphony“ öffentlich zugänglich zu machen. Darüber hinaus sollte YouTube Auskunft über die Nutzer der Plattform erteilen, die diese Musiktitel unter Pseudonymen auf ihr Internetportal hochgeladen hatten.
Beide Parteien hatten Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt, der Kläger verfolgte seine vollständigen Klageanträge weiter, während die Beklagte die vollständige Klageabweisung erstrebte.
Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH mehrere Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr und der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (sogenannte Enforcement-Richtlinie) vorgelegt.
Es stelle sich die Frage, ob der Betreiber einer Internetvideo-Plattform wie YouTube eine Handlung der „Wiedergabe“ im Sinne von Artikel 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG vornehme, wenn er mit der Plattform Werbeeinnahmen erziele, der Vorgang des Hochladens automatisch und ohne vorherige Ansicht oder Kontrolle erfolge, er nach seinen Nutzungsbedinngungen für die Dauer der Einstellung des Videos eine weltweite, nicht exklusive und gebührenfreie Lizenz erhalte, gleichzeitig darauf hinweise, dass urheberrechtsverletzende Inhalte nicht eingestellt werden dürften, er Hilfsmittel zur Verfügung stelle, mit deren Hilfe Rechteinhaber auf die Sperrung rechtsverletzender Videos hinwirken könnten und der Betreiber auf der Plattform eine Aufbereitung der Suchergebnisse in Form von Ranglisten und inhaltlichen Rubriken vornehme und registrierten Nutzern eine an von diesem bereits angesehenen Videos orientierte Übersicht mit empfohlenen Videos anzeigen lasse, sofern er keine konkrete Kenntnis von der Verfügbarkeit urheberrechtsverletzender Inhalte habe oder nach Erlangung dieser Kenntnis solche Inhalte unverzüglich lösche oder unverzüglich den Zugang zu ihnen sperre. Die weiteren Vorlagefragen zielen darauf ab, ob die Tätigkeit des Betreibers in den Anwendungsbereich von Artikel 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG fällt und ob sich die dort genannte tatsächliche Kenntnis von der rechtswidrigen Tätigkeit oder Information auf konkrete rechtswidrige Tätigkeiten oder Informationen beziehen muss.
Ebenso interessiert, ob es mit Artikel 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/297EG vereinbar ist, wenn der Rechteinhaber gegen einen derartigen Diensteanbieter eine gerichtliche Anordnung erst dann erlangen kann, wenn es nach einem ersten Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung erneut dazu gekommen ist. Sollten die vorgenannten Fragen verneint werden, wird gefragt, ob z.B. YouTube unter den o.g. Umständen als Verletzer im Sinne von Artikel 11 Abs. 1 und Artikel 13 der Richtlinie 2004/48/EG anzusehen ist und ob die Schadensersatzverpflichtung nach Artikel 13 Abs. 1 davon abhängig ist, dass der Verletzer vorsätzlich gehandelt hat.
BGH, Beschluss vom 13.09.2018, I ZR 140/15 – YouTube –
OLG Hamburg, Urteil vom 01.07.2015, 5 U 175/10
LG Hamburg, Urteil vom 03.09.2010, 308 O 27/09
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